Home>Triathlon>

Das Geheimnis einer gewaltigen deutschen Erfolgsstory

Triathlon>

Das Geheimnis einer gewaltigen deutschen Erfolgsstory

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Eine deutsche Erfolgsgeschichte

Deutschland eilt im Triathlon von Erfolg zu Erfolg. Was läuft besser und anders als in anderen Sportarten? Protagonisten der Szene erklären es bei SPORT1.
Laura Philipp bei der Challenge Roth im Juli 2024
Laura Philipp bei der Challenge Roth im Juli 2024
© IMAGO/Beautiful Sports
Deutschland eilt im Triathlon von Erfolg zu Erfolg. Was läuft besser und anders als in anderen Sportarten? Protagonisten der Szene erklären es bei SPORT1.

Beide Ironman-Weltmeister aus einem Land: eine Seltenheit in der Geschichte des prestigeträchtigsten Triathlon-Wettbewerbs der Welt. Patrick Lange gewann für Deutschland auf Hawaii, während Laura Philipp in Nizza als Erstes ins Ziel kam.

{ "placeholderType": "MREC" }

Der Höhepunkt eines großen deutschen Jahrzehnts, denn schon 2014 hatte Sebastian Kienle Gold bei den Männern geholt. Seitdem stand acht von zehn Mal ein Deutscher ganz oben auf dem WM-Treppchen.

Bei den Frauen gewann Anne Haug 2019, Philipp jüngst in Nizza. Und auf der deutlich kürzeren olympischen Distanz in Paris stand die deutsche Mixed-Staffel auf dem Triathlon-Podest.

Woran liegt es also, dass Deutschland den Triathlonsport so dominiert? „Daran, dass die Generation Kienle, Lange, Frodeno gut vorgebaut hat“, sagt Philipp Seipp, Triathlon-Coach seiner Ehefrau und diesjährigen Ironman-Weltmeisterin Laura Philipp, zu SPORT1.

{ "placeholderType": "MREC" }

Die 37-Jährige selbst nennt eine Mischung aus Erfolgszutaten: Große deutsche Vorbilder, die Rolle der Sportwissenschaft - und ja, auch den berühmt-berüchtigten „deutschen Tugenden“ wie Fleiß, Ehrgeiz, Disziplin.

Triathlon-Star Philipp: „Tüfteln liegt den Deutschen einfach“

Mit diesen Eigenschaften könne man sich „in den Triathlon reinfuchsen“, sagt Philipp. Und nennt ein weiteres, schwer greifbares Erfolgsrezept. „Triathlon ist eine Sportart, bei der man sich in allen Bereichen voll ausleben kann, was Planung, Tüfteln und so weiter angeht. Ich glaube, das liegt den Deutschen einfach“, sagt Philipp zu SPORT1.

Deutschland, das Land der Dichter und Denker? Nein, im Triathlon sind es die Tüftler. „Denn in Deutschland gibt es nicht nur gute Athleten, sondern auch sehr gute Trainer“, erklärt Sebastian Kienle, der 2014 auf Hawaii Ironman-Weltmeister wurde und 2023 seine erfolgreiche Karriere im Alter von 40 Jahren beendete.

Kienle verweist auf die äußerst anspruchsvolle Ausbildung zur A-Lizenz der Deutschen Triathlon Union (DTU), für die angehenden Trainerinnen und Trainer rund ein Jahr lang büffeln müssen. Auf dem Lehrplan stehen unter anderem Sportpsychologie, Ernährung, Regeneration, Biomechanik, medizinische Grundlagen, Trainingslehre, Leistungsdiagnostik und vieles mehr.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Es gilt, den Menschen wirklich lesen zu können“

Ein Aufnahmekriterium wie im Fußball ist diese Lizenz allerdings nicht - und das ist auch gut so. Denn mit Philipp Seipp ist einer der erfolgreichen Triathlon-Trainer ein Quereinsteiger. Der ehemalige Gymnasiallehrer betreut seine Ehefrau Philipp als Manager und Trainer, zuvor coachte er auch Kienle, der selbst bei SPORT1 erklärt: „Es gilt nicht nur, einen guten Trainingsplan zu schreiben, sondern den Menschen wirklich lesen zu können.“

Der Weltmeister von 2014 weiter: „Als Trainer sind auch Qualitäten gefragt, die man nicht einfach so auf der Schulbank lernt. Gerade im Langdistanz-Triathlon spielt die Psyche eine unheimlich große Rolle.“

Für Kienle hat die Popularität des Triathlons auch mit dem Selbstverständnis der Deutschen zu tun: „Wir Deutschen lieben die Herausforderung. Der Ironman ist für viele das ultimative Ziel - nicht nur für Profis, sondern auch für Amateure.“

Diese Einstellung zeigt sich auch bei den zahlreichen Amateuren, die sich Jahr für Jahr an die Herausforderung eines Triathlons wagen. Beim Ironman Hawaii 2024 lag das Durchschnittsalter aller männlichen Teilnehmer bei 46 Jahren - ein Zeichen für die altersübergreifende Attraktivität des Sports, die rasanten Fortschritte in der Sportwissenschaft - aber auch für die finanziellen Hürden einer Teilnahme.

Weltmeisterin ohne Fördergelder

Anders als im Fußball müssen Triathleten ihre Karrieren meist selbst finanzieren und steuern. „Laura ist Unternehmerin und hat noch nie einen Cent Fördergelder erhalten“, erklärt ihr Trainer Seipp, der seine Frau auch managt. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Lauras Karriere selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Seipp, „und das bedeutet, dass wir sowohl sportlich als auch wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen müssen.“

Profi-Triathlon ist also ein Haifischbecken, in dem jeder selbst schauen muss, wie er überlebt. Philipp setzt sich beispielsweise über ihre Reichweite auf den sozialen Netzwerken ab. Auf YouTube folgen der Triathletin knapp 33.000 Menschen, 149 Videos hat sie hier produziert. Auf Instagram sind es sogar rund 151.000 Follower.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Laura hat mit einem Podcast, Instagram und YouTube eigene Plattformen geschaffen, die ihren Partnern Mehrwerte bieten“, erzählt Seipp. Damit lockt sie nicht nur Sponsoren, die ihren Lebensunterhalt sichern, sondern öffnet ihre Welt zahlreichen neuen Interessenten, die Einblicke in den Triathlon gewinnen, wodurch die Popularität des Sports weiter wächst.

„Wir Frauen sind eben keine kleinen Männer, sondern Frauen“

Eine Bühne, die Philipp geschickt zu nutzen weiß. Denn sie teilt mit ihren Fans nicht nur Schnappschüsse ihrer Erfolge, sondern auch Einblicke in ihren Alltag als Frau im Triathlon. „Wir Frauen sind eben keine kleinen Männer, sondern Frauen“, sagt Philipp zu SPORT1. „Deshalb brauchen wir andere Lösungen.“

Ein weiteres, sportliches Erfolgsrezept: Philipp setzt seit vielen Jahren auf zyklusorientiertes Training. „Weil man den Zyklus so gut für sich nutzen kann, um zu schauen, belaste ich mich zu viel, belaste ich mich genau richtig? Zum Beispiel auch das Thema Regelschmerzen, PMS-Symptome“, erklärt die gelernte Physiotherapeutin. Die Periode der Frau sei „ein super Gesundheitszeichen, wo man ablesen kann, ob man zum Beispiel den Körper zu sehr belastet, ob ein Energiedefizit dauerhaft ist“.

Früher sei ihre Periode auch mal ausgeblieben oder zu spät gekommen, erinnert sich Philipp. Doch seit sie zyklusorientiert trainiert, habe sie „so gut wie keine Verletzungen mehr“ und sei zudem viel leistungsfähiger geworden, erzählt die 37-Jährige. Und trägt mit ihren Erfahrungen und auch mit ihren Erfolgen, zur Enttabuisierung des Themas im Sport bei.

Ein Trend, von dem auch andere Profis profitieren, beispielsweise im Frauenfußball.

Star-Coach sieht „absolute Schwäche der Verbände“

Der deutsche Triathlonsport boomt. Das liegt vor allem an seinen großen Persönlichkeiten. Tüftler wie Seipp, Freigeister wie Philipp, Vorbilder wie Kienle oder Frodeno.

Von einer breiten staatlichen Unterstützung ist dagegen nichts zu sehen - und genau hier gilt es in Zukunft anzusetzen, damit Deutschland seinen Triathlon-Vorsprung nicht an aufstrebende Nationen wie Norwegen, Großbritannien oder Frankreich verliert.

„Wenn ich zum Teil unsere Hochschulsportplätze sehe, wo irrwitzige Dinge nicht funktionieren, dann möchte ich wirklich mahnen“, sagt Seipp.

Der Starcoach beklagt „eine absolute Schwäche der Verbände“ und sieht es als „großen Vorteil des Triathlons“, dass er nicht verbandsgesteuert ist - anders als viele olympische Sportarten wie die Leichtathletik, um die es nicht erst seit der durchwachsenen Ausbeute bei den Spielen in Paris sorgenvolle Diskussionen gibt.

Kienle hat Rat für den Nachwuchs zur Hand

Für die Zukunft bedeutet das eine heikle Gratwanderung.

Es gilt, die Unbekümmertheit, Eigenständigkeit und Kreativität der deutschen Triathleten zu bewahren und zu schützen. Gleichzeitig muss das Fundament durch Investitionen in Sportstätten, Trainerausbildung und Nachwuchsförderung gestärkt werden, damit noch mehr Deutsche den Triathlon für sich entdecken.

Für die Jüngsten hat Kienle noch einen Tipp parat: „Einfach schwimmen, denn das ist koordinativ eine relativ schwierig zu erlernende Sportart. Das hat viel mit Wassergefühl zu tun.“ An Land seien dagegen auch „Turnen und Tanzen top, weil sie die Koordination im Raum schulen“.