Am kommenden Sonntag steht für Patrick Lange mit dem Mainova Ironman Frankfurt ein bedeutendes Rennen auf dem Programm. Der dreimalige Triathlon-Weltmeister gewann das Rennen in seiner Heimatstadt, bei dem gleichzeitig auch der EM-Titel vergeben wird, bislang noch nie.
„Ein sehr emotionales Ding“
Im SPORT1-Interview spricht der gebürtige Hesse über die Sehnsucht nach dem Heimtriumph, verpasste Chancen in der Vergangenheit, körperliche Rückschläge - und die Frage, wann Schluss sein könnte.
SPORT1: Die Ironman-Europameisterschaft in Frankfurt steht an. Für Sie war dieser Ort bislang kein gutes Pflaster, man spricht sogar von einem Frankfurt-Fluch. Ändert sich das am kommenden Sonntag?
Patrick Lange: Das ist die Zielsetzung, definitiv. Ich möchte den Frankfurt-Fluch endlich überwinden – es ist ja auch mein Heimrennen. Als gebürtiger Hesse liegt mir das Rennen sehr, sehr am Herzen und ich freue mich auf jeden Fall auf einen heißen Tanz am Main-Ufer.
Lange freut sich auf hohe Temperaturen
SPORT1: Viermal sind Sie bislang in Frankfurt gestartet, zum Titel gereicht hat es noch nie. Als dreimaliger Weltmeister hat man natürlich den Anspruch, auch einmal zu Hause zu gewinnen. Es soll Temperaturen von über 30 Grad geben – ist das ein Hauch von Hawaii am Main?
Lange: Absolut, da freue ich mich sehr drauf. Vergangenes Jahr hatten wir eine Kälteschlacht in Frankfurt – mit Kälte kann ich wirklich nur ganz schwer umgehen. Da liegt mir Hawaii deutlich besser und ich hoffe, dass dieses Jahr eben Hawaii am Main liegt – in Frankfurt.
SPORT1: Was würde Ihnen der Titel Europameister bedeuten?
Lange: Es wäre mein zweiter Europameistertitel. Ich habe 2021 bei meinem Roth-Sieg auch schon die EM gewinnen können. Das geht dann aber ein bisschen unter, weil die Challenge Roth alles überstrahlt. Aber natürlich ist der Ironman-Europameistertitel das fehlende Puzzlestückchen in meiner Vita. Einfach der Heimsieg als Hesse – und dort dann Europameister zu werden, würde mir extrem viel bedeuten. Dafür werde ich alles geben, bis zum Ende kämpfen und dann schauen, was bei dabei herauskommt. Mehr kann ich nicht tun.
Deutschland von Triathlon begeistert
SPORT1: Nach dem WM-Titel auf Hawaii – das war im Oktober 2024 – gab es zuletzt einige Monate, in denen man wenig von Ihnen gehört hat. Sie hatten Verletzungsprobleme und auch in Sachen Renngestaltung gab es in diesem Jahr nur wenig Optionen. Ist das nun ein Sprung ins kalte Wasser? Wissen Sie, wo Sie aktuell stehen?
Lange: Also erst mal bin ich sehr dankbar, dass man in den Monaten direkt nach Hawaii sehr viel von mir gehört und gesehen hat. Wir waren in gefühlt jeder TV-Sendung und haben ganz gut die Werbetrommel für den Triathlon gerührt. Ich bin extrem dankbar dafür, dass der Triathlon mittlerweile in Deutschland so eine große Nummer ist und durch die Medien geht. Was mir dadurch allerdings so ein bisschen gefehlt hat, war der ruhige Aufbau im Dezember, wo man zum Beispiel einfach auf Mallorca Fahrrad fährt und sich so ein bisschen treiben lässt. Und so bin ich im Januar dann relativ übermütig in das Training eingestiegen und habe dabei die Schraube überdreht. Mit meinen 38 Jahren bin ich auch nicht mehr der Jüngste, da muss auch die Regeneration fokussiert angegangen werden. Das hab ich einfach nicht. Ich habe mir dann eine Entzündung in den Adduktoren zugezogen und das hat mich dann tatsächlich daran gehindert, bei meinem ersten geplanten Ironman in Texas zu starten. Zwei Monate konnte ich kein Lauftraining machen. Von daher ist das Rennen in Frankfurt eine Art Blackbox für mich, weil mir die Rennpraxis dieses Jahr fehlt. Aber ich bin da, um alles zu geben – und das Training lief bis jetzt ganz gut. Ich bin schmerzfrei und von daher steht einem Start und auch einer guten Leistung nichts im Wege.
SPORT1: In Frankfurt freuen sich viele auf die großen Namen des Triathlonsports. Magnus Ditlev wird da sein, Kristian Blummenfelt ebenfalls. Ist das der Reiz, der an diesem Sonntag tatsächlich mit Leben gefüllt wird?
Lange: Absolut. Frankfurt sieht, glaube ich, das stärkste Starterfeld, das es jemals versammelt hat – von daher ist es für mich schon auch eine kleine vorgezogene Weltmeisterschaft. Der erste große Test, und ich freue mich auf jeden Fall auf super starke Konkurrenz. Und nicht nur die zwei eben genannten Namen, sondern da gibt es zehn Athleten, die in der Lage sind, um das Podium zu kämpfen. Von daher wird es wirklich ein heißer Tanz.
Ambitionen bei der WM
SPORT1: Nach Ihren Erfolg gab es ein riesiges Medienecho. Laura Philipp ist aktuell die Weltmeisterin bei den Damen, dazu ist Deutschland Olympiasieger geworden – aktuell ist die Sportart hierzulande auf einem Höhepunkt. Geht das immer so weiter und ist Deutschland nach wie vor die Hochburg dieser Sportart?
Lange: Das würde ich auf jeden Fall so unterschreiben. Gerade im Langdistanzbereich sind wir eine Macht. Wir haben so viele Weltmeistertitel gesammelt wie keine andere Nation – abgesehen von den Amerikanern, die natürlich in den Anfangsjahren auf Hawaii dann einen ziemlichen Heimvorteil hatten. Von daher ist es total geil, da jetzt gerade dabei zu sein. Es ist eine extrem dynamische Entwicklung, die wir haben. Der Sport begeistert immer mehr Menschen – dadurch werden natürlich auch immer mehr Profis generiert. Es gibt auch immer mehr junge Athleten, die hochkommen – und das Leistungsniveau wird immer weiter hochgepusht. Das freut mich total. Zu sehen, wie sich der Sport in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat, ist absoluter Wahnsinn.
SPORT1: Mit 38 Jahre sind Sie nach wie vor gierig. Haben Sie auch in Sachen WM-Titel noch was vor?
Lange: Also ich starte bei der Weltmeisterschaft dieses Jahr mit Startnummer 1 – und das ist eigentlich eine auf die Startnummer gedruckte Verpflichtung, wirklich alles zu geben und zu versuchen, den Weltmeistertitel wieder nach Deutschland zu holen.
Wann könnte Schluss sein?
SPORT1: 2025 findet die Triathlon-WM in Nizza statt, kommendes Jahr noch einmal auf Hawaii. Gibt es eigentlich ein Karriereende, bei dem Sie sagen: ‚Okay, bis dahin hab ich mir das Ziel gesetzt, noch ganz oben mit dabei zu sein – und dann ist aber auch Feierabend?‘"
Lange: Also es mag natürlich ein Karriereende geben – das ist klar. Aber das ist erst mal noch nicht absehbar und noch nicht in Planung. Ich fokussiere mich jetzt voll und ganz auf den Job, der vor mir liegt. Und der ist erstmal in Frankfurt kurzfristig und dann kommendes Jahr auf jeden Fall der Ironman auf Hawaii. Das ist einfach mein Herzensrennen – das Rennen, das ich jetzt schon dreimal gewinnen konnte und das so viel für meine Karriere bedeutet hat. Da will ich auf jeden Fall noch mal topfit am Start stehen - und dementsprechend auch mit um den Sieg, mit um das Podium kämpfen können. Und bis dahin ist jetzt erst mal der Denkhorizont. Alles, was darüber hinausgeht, lasse ich mir offen. Was allerdings für mich in meinem Herzen feststeht, ist, dass ich den deutschen Fans und dem deutschen Triathlon ein gebührendes Abschiedsrennen geben möchte. Ich glaube, das haben alle Beteiligten verdient. Von daher: Wenn es irgendwann zum letzten Rennen kommt, dann wird es auch in Deutschland stattfinden.
SPORT1: Wenn eine Triathlon-Fee bei Ihnen zu Hause klingeln und Ihnen vorschlagen würde: Patrick Lange, Hawaii 2026 gewinnen und danach mehr oder weniger von der ganz großen Ebene zurücktreten - würden Sie das unterschreiben?
Lange: Das ist sehr schwierig. Der Weltmeistertitel ist einfach das Größte, was du in unserem Sport erreichen kannst – der Hawaii-Sieg ganz besonders. Nun habe ich schon drei Rennen gewonnen auf Hawaii und man soll ja auch nicht zu gierig sein. Von daher, glaube ich, würde ich wahrscheinlich meinen Fans und der deutschen Szene tatsächlich den Abschied vorziehen. Ich glaube, es wird ein sehr, sehr emotionales Ding.