Nur noch 2,1 Sekunden waren auf der Uhr, als einer der größten Momente im College Basketball begann.
Der größte College-Wurf aller Zeiten
Die Kentucky Wildcats lagen zu diesem Zeitpunkt im East Regional Final am 28. März 1992 gegen die Duke Blue Devils mit 103:102 in Führung. Die Blue Devils waren Titelverteidiger beim NCAA Tournament und standen mit dem Rücken zur Wand.
Der spätere NBA-Star Grant Hill hielt am eigenen Korb (!) den Ball zum Einwurf in den Händen. Er warf den Ball über das komplette Feld in die gegnerische Zone zu Mitspieler Christian Laettner. Dieser dribbelte den Ball einmal und täuschte dabei, mit dem Rücken zu seinem Gegenspieler, eine Bewegung über seine rechte Schulter an.
Laettner gelingt "The Shot"
Stattdessen drehte sich Laettner blitzschnell über die linke Seite - die Uhr zeigte noch 0,8 Sekunden an - und gab per Fadeaway, 0,3 Sekunden vor Spielende, einen Wurf in Richtung Korb ab. Der Buzzer ertönte, nur einen Augenblick später fiel der Ball durch die Reuse. Der Rest war nur noch grenzenloser Jubel.
Später wurde dieser Wurf als "The Shot" bezeichnet, wenngleich viele Basketball-Fans bei "The Shot" sicher erst an den Wurf von Michael Jorden gegen die Cleveland Cavaliers 1989 denken. Für Sports Illustrated war es das beste College-Spiel aller Zeiten, ESPN listete 2004 die Szene unter den besten Momenten der vorherigen 25 Jahre auf Rang 17.
Laettners Geniestreich bescherte Duke den Einzug ins Final Four, am Ende konnte das renommierte College sogar seinen Titel verteidigen. Es war der Start der Duke-Ära, die bis heute fünf Titel einbrachte.
"Ich erinnere mich, wie Coach K (Mike Krzyzewski, damals wie heute Head Coach von Duke, Anm. d. Red.) sagte: 'Grant, kannst du einen guten Pass werfen?' Und Grant sagte: 'Ja'", erzählt Laettner: "Und dann: 'Christian kannst du den Ball fangen?' Er sagte nicht 'Christian, kannst du den Wurf nehmen und uns den Sieg sichern?'"
Meistgehasster Spieler im College Basketball
Laettner, der gegen Kentucky 31 Zähler erzielte und dabei sowohl aus dem Feld (zehn von zehn) als auch von der Linie (zehn von zehn) perfekt agierte, war der Star des Duke-Teams und wurde während seiner College-Karriere von den gegnerischen Fans stark angefeindet.
Dafür waren mehrere Gründe verantwortlich.
Zum einen traf er neben "The Shot" auch andere entscheidende Würfe in seiner Karriere und war der Topstar im College Basketball, der auch noch beim dominierenden Team spielte - und Duke war ohnehin das meistgehasste College. Zum anderen leistete er sich ab und an unsportliche Aktionen.
Laettner tritt Gegner auf Brustkorb
So trat er vor seiner Heldentat gegen Kentucky in Halbzeit zwei seinem Gegenspieler Aminu Timberlake absichtlich auf den Brustkorb und bekam dafür nur ein technisches Foul. Nach der Partie meinte er, dass eine Disqualifikation auch eine zu harte Strafe gewesen wäre. Erst 20 Jahre später entschuldigte er sich für seine Aktion.
Auch die Einschüchterung von Mit- und Gegenspielern wurde Laettner einst nachgesagt. Durch seine äußere Erscheinung (2,11 Meter, 107 Kilogramm) war er zudem ein Modellathlet und steckte noch im Körper eines vermeintlich privilegierten Weißen. Auch das machte ihn zum Hassobjekt der gegnerischen Fans.
20 Jahre nachdem er Duke verlassen hatte, wurde er in einer ESPN-Umfrage sogar zum meistgehassten Spieler in der Geschichte des College-Basketballs gewählt. Dies nahm der Sender zum Anlass für eine Dokumentation mit dem vielsagenden Titel: "Ich hasse Christian Laettner".
Mitglied des originalen "Dream Team"
Bei allem Hass gegen sich erfuhr der damals 23-Jährige aber auch eine große Ehre. Als einziger College-Spieler wurde er für das "Dream Team" für Olympia 1992 nominiert. Nach dem Gewinn der Goldmedaille an der Seite von Michael Jordan, "Magic" Johnson und Charles Barkley wurde Laettner im NBA-Draft an dritter Stelle von den Minnesota Timberwolves ausgewählt.
Im Gegensatz zu seiner College-Zeit konnte der 2,11 Meter-Hüne in der NBA nicht das große Scheinwerferlicht auf sich richten. Eine Nominierung für das All-Star Game 1997 ist seine größte persönliche Auszeichnung. Zwei Mal erreichte Laettner mit den Atlanta Hawks die zweite Runde der Playoffs. 2005 beendete er seine aktive Karriere bei den Miami Heat.
Aber zumindest wird „The Shot“ und der Beginn von Dukes Erfolgsgeschichte für immer mit seinem Namen verbunden sein.