Es liegt in der Natur des Menschen, sich an schöne Zeiten erinnern zu wollen. An glückliche Zeiten, vor allem aber auch an erfolgreiche und solche ohne Probleme. Die Fans der Dallas Mavericks dürften dies aktuell vermehrt tun.
Das Nowitzki-Erbe in Trümmern
Denken an die guten alten Zeiten, als mit Superstar Dirk Nowitzki im Jahr 2011 der erste und bislang einzige NBA-Titel gelang. Nach dem 4:2 in der Finalserie gegen die Miami Heat war seinerzeit der Glücksrausch in der texanischen Metropole perfekt.
Von einem Glücksrausch ist bei den Mavs aktuell nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil. Genau betrachtet stellt sich das Team als eine Franchise in Trümmern dar. Als Sinnbild taugt die 116:125-Pleite gegen die Phoenix Suns vor wenigen Tagen.
Mavericks mit langer Verletztenliste
„So etwas habe ich noch nie erlebt“, zeigte sich Head Coach Jason Kidd nach der Partie fassungslos. „Ich habe noch nie ein Spiel erlebt, bei dem wir niemanden rausnehmen konnten, um ihm eine Ruhepause zu geben, weil wir niemanden hatten, den wir einsetzen konnten.“
Kidd ergänzte: „Wenn die Spieler keine Freizeitkleidung trugen, mussten sie genäht werden oder konnten sich nicht bewegen oder laufen. Es ist hart.“
Mit mageren neun Spielern gingen die Mavs in die Partie, während des Spiels verloren sie weitere Akteure – auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Brandon Williams erlitt eine Oberschenkelverletzung, Dante Exum und Caleb Martin mussten später im Spiel aufgrund der Minuten-Restrictions ob vorheriger Verletzungen vom Parkett.
Negativer Höhepunkt war der Zusammenprall zwischen Kessler Edwards und Dwight Powell. Letztgenannter musste genäht werden und konnte nicht mehr zurückkehren, Edwards kam immerhin im letzten Viertel mit einem Verband über dem Auge zurück. Der letzte mögliche Wechsel für Cheftrainer Kidd.
Doncic-Trade schockte Basketball-Welt
Die Mavericks erleben in diesen Tagen eine außergewöhnliche Misere. Eine Misere, die am 1. Februar 2025 ihren Anfang nahm. Jenem Tag, an dem die Mavs die für Fans, Beobachter und Kontrahenten unglaubliche Entscheidung trafen, Luka Doncic abzugeben.
Nach dem NBA-Draft 2018, bei dem ihn die Atlanta Hawks an Position drei auswählten, kam Doncic via Trade nach Dallas. Der hochbegabte Point Guard sollte als nächster Franchise Player agieren und das Team zur Meisterschaft führen.
Beinahe wäre dies auch geglückt. Schnell wurde der Slowene zum Fanliebling, im vergangenen Jahr standen die Mavs sogar in den Finals, in denen sie aber den Boston Celtics unterlagen.
Doch die Richtung war klar: Mit Doncic, Kyrie Irving und dem vor der Saison gekommenen Klay Thompson sollte 2025 endlich der ganz große Wurf gelingen.
Dann schockte der Doncic-Trade die Basketball-Welt.
Cuban versteht Trade nicht
„Wenn sie Luka traden wollen, dann ist das eine Sache“, nahm nun auch Ex-Owner Mark Cuban bei WFAA Stellung. Der 66-Jährige, der im Dezember 2023 den Großteil seiner Anteile verkauft hatte und inzwischen nur noch als Minderheitseigentümer agiert, findet vor allem den geringen Gegenwert für Doncic erschreckend.
„Das soll nicht respektlos gegenüber Anthony Davis klingen, aber ich bin sicher, dass wir ganz anders über den Deal reden würden, wenn wir Anthony Davis, Max Christie und vier ungeschützte First Rounder bekommen hätten. Wir hätten einfach einen besseren Deal abschließen müssen“, machte er deutlich.
Bekommen hatten die Mavs neben Davis nur einen First-Round-Pick 2029, zudem gaben sie neben Doncic auch noch Maximilian Kleber sowie Markieff Morris ab.
„Win Now“ ist nach Verletzungen gescheitert
Schlimm ist für Cuban zudem die Außendarstellung der Verantwortlichen. „Jeder macht Fehler. Das Problem ist, dass derzeit niemand offen kommuniziert. Es geht nicht nur darum, was du machst. Du musst erklären, warum du gewisse Dinge tust“, forderte er.
Verantwortlich für die mehr als nur fragwürdige Entscheidung ist General Manager Nico Harrison, der den Doncic-Abschied damit verteidigt hatte, die Franchise verfolge einen „Win Now“-Plan. „Die Zeit wird zeigen, ob ich richtig lag.“
Gut einen Monat später ist „Win Now“ gescheitert. Krachend gescheitert. Gleich in seinem ersten Spiel für die Mavericks zog sich Davis eine Verletzung zu. Der Big Man fällt seitdem aus. Und es wurde nicht besser, ganz im Gegenteil. Wenig später erwischte es Superstar Irving mit einem Kreuzbandriss, das Jahr 2025 ist für ihn sportlich gelaufen.
Playoffs für die Mavs unrealistisch
Aktuell stehen die Mavs in der Western Conference auf dem letzten Play-in-Platz. Ob sie diesen halten können, ist fraglich. Und selbst wenn, ein Einzug in die Playoffs ist alles andere als realistisch.
In Dallas herrscht aktuell Ausnahmezustand. Doncic weg, Verletzte ohne Ende – und dann auch noch eine Erhöhung der Ticketpreise um fast zehn Prozent. Die Fans laufen Sturm und greifen vor allem GM Harrison scharf an. Bereits kurz nach dem Doncic-Trade wurden Anhänger der Franchise aus der Arena geworfen, als sie die Entlassung des General Managers forderten.
Seither wird dieser fortwährend und überall ausgebuht, jüngst sogar bei einem Reitturnier in Dallas. Die „Fire Nico“-Bewegung hat auch in den sozialen Netzwerken längst an Fahrt aufgenommen.
Spieler-Vater mit scharfer Kritik
Doch damit nicht genug. Inzwischen kommt auch Kritik aus dem familiären Umfeld, genauer gesagt von Mychal Thompson - seines Zeichens Vater von Sommer-Neuzugang Klay Thompson.
„Er dachte, mit Luka und Kyrie hätte er eine Chance, wieder in die Finals zu kommen“, erklärte Papa Thompson bei ESPN.
„Luka ist offensichtlich nicht mehr da. Ich habe ihm dann gesagt: ‚Nun, wenn dafür Anthony Davis kommt, hast du immer noch eine Chance, in die Finals zu kommen. Denn AD ist so gut.‘ Doch dann hat der sich verletzt! Und dann haben sich auch noch Daniel Gafford und Dereck Lively verletzt. Also ja, Klay steckt im Moment im Fegefeuer fest... Ich glaube, sie werden zehnmal hintereinander verlieren.“
Klay Thompson bleibt optimistisch
Eine Annahme, die sich nicht bestätigte. Nach fünf Pleiten gelang zuletzt immerhin ein Sieg gegen die noch schlechter platzierten San Antonio Spurs. Und auch Thompson Junior versuchte derweil, die Worte seines Vaters zu relativieren.
„Wir haben immer noch große Ziele und wollen einen Lauf starten. Ich glaube an die Franchise“, sagte er nach dem Sieg gegen die Spurs. „Wir zeigen so viel Herz, wie wir nur können. Und es ist eine Freude, mit denen in die Schlacht zu ziehen, die das Trikot überstreifen können.“ Viele Teamkollegen zur Auswahl hat er dafür aktuell aber nicht.
Für Thompson ist klar: „Ich bin nach dieser Saison noch zwei weitere Spielzeiten bei den Mavs.“ Und für jene zwei Spielzeiten hat der Mavericks-Profi einen großen Wunsch: „Ich würde sie liebend gerne zurück zu den glorreichen Zeiten führen, wie sie im Jahr 2011 herrschten.“
Ein verständliches Verlangen, das aktuell dennoch nur utopisch scheinendes Wunschdenken ist.