Vor 56 Jahren endete eine Ära in der NFL. Es war der Todestag des wahrscheinlich umstrittensten Teameigentümers der NFL-Historie - der zugleich aber auch einer der einflussreichsten war: George Preston Marshall.
Ein legendärer NFL-Macher mit dunklen Seiten
Eine NFL-Legende mit dunklen Seiten
1932 gründete er die Boston Braves, benannte sie um und zog mit dem Team zur Saison 1937 in die Hauptstadt der USA - so entstanden die Washington Redskins, die nach Jahrelangen Rassismus-Debatten rund um den Namen Redskins seit 2022 nun Washington Commanders heißen.
Gründer Marshall als zwiespältige Figur
Der Wäscherei-König von Washington war eine zwiespältige Figur. Er war 1962 der letzte Eigentümer, der begann, schwarze Spieler zu verpflichten, auch weil Generalstaatsanwalt Robert F. Kennedy - Johns Bruder und Vater des heutigen US-Ministers - damit drohte, die Pacht des später nach ihm benannten RFK-Stadiums zu kündigen.
Marshall verkündete einst: „Wir holen Schwarze, sobald die Harlem Globetrotters weiße Spieler engagieren.“ Marshall fürchtete unter anderem, schwarze Spieler würden seiner Fanbasis in den Südstaaten schaden.
Auch Vorwürfe des Antisemitismus begleiteten Marshall. Er konterte sie in einer TV-Show einst auf vielsagende Weise mit den Worten: „Oh nein, ich mag Juden. Besonders, wenn sie meine Kunden sind.“
Das belastete Erbe Marshalls beschäftigte sein früheres Team noch viele Jahre nach seinem Tod: Im Jahr 2020 - wenige Wochen, nachdem der gewaltsame Tod George Floyds die Black-Lives-Matter-Bewegung befeuerte - entfernte Washington eine Statue Marshalls und seinen Namen aus dem „Ring of Fame“ im Stadion.
Marshall erwarb sich auch Verdienste
Jenseits seiner problematischen Ansichten hat Marshall sich unbestrittene Verdienste um sein Team und die Liga erworben: Er war ein Vor- und Querdenker mit entscheidendem Anteil daran, dass die NFL den College Football als populärsten Sport überholte. So stieß er die Änderung der Passregeln für mehr Punkte an, führte mehr Showelemente (zum Beispiel in der Halbzeit) ein und gilt als der Vater eines ausgewogenen Spielplans, der Divisionen und eines echten Endspiels um den Titel.
Außerdem war er ein TV-Pionier und erkannte schon früh die Bedeutung der Fans. So mietete er 1937 einen Zug, um 10.000 Anhänger zum Auswärtsspiel bei den New York Giants zu bringen.
Bedeutsam auch: Marshall machte 1933 William Henry „Lone Star“ Dietz zum ersten Head Coach der NFL-Geschichte mit Ureinwohner-Wurzeln. 1933 gehörten vier Native Americans zum Team der damaligen Redskins. Es trug dazu bei, dass das Team bei den Ureinwohnern sehr beliebt war.
Marshall opponierte gegen die Dallas Cowboys
Sorgen um die Anhänger im Süden waren derweil der Hauptgrund, weshalb Marshall Ende der 60er Jahre eine neue NFL-Franchise in Dallas kategorisch ablehnte. Die Redskins waren damals das am südlichsten gelegene Team - und Marshall wollte Konkurrenz um die Fanbase verhindern.
Zu jener Zeit mussten alle Eigentümer einem neuen Team zustimmen. Exzentriker Marshall war gegen den Ölmagnaten Clint Murchison Jr. und bezeichnete ihn gegenüber dem Eigner der Chicago Bears als „widerlich“.
Die Liga erkannte jedoch das gewaltige Expansionspotenzial und ersann mit Murchison der Legende nach eine List.
Marshall liebte den Fightsong seines Teams „Hail to the Redskins“, der seit dem 17. August 1938 bei jedem Heimspiel erklingt. Seine geliebte Frau Corinne Griffith hatte den Text verfasst, aber Musiker Barnee Breeskin die Musik komponiert.
Als dieser sich mit Marshall überwarf, kaufte Murchison die Songrechte für 2.500 Dollar. Gemeinsam mit dem legendären Bears-Eigner George Halas (Marshalls Erzfeind und der Verantwortliche für NFL-Expansionen, Anm. d. Red.) erpresste er Marshall: Entweder er stimmt dem neuen Team in Dallas zu oder er dürfe nie wieder seinen Fightsong spielen.
So wurden 1960 die Dallas Cowboys und eine bittere Feindschaft geboren. Das erste Duell am 9. Oktober des Jahres gewannen die Redskins 26:14 - Marshall soll daraufhin eine gigantische Party geschmissen haben.
Hochklassige NFL-Rivalität
Die Jahrzehnte danach waren von legendären Rivalitäten der Trainer wie George Allen, Joe Gibbs (beide Redskins) oder Tom Landry (Cowboys) geprägt. Acht Super Bowls und insgesamt 35 Hall-of-Famer zeugen von der Tradition. Seit dem Ende der 90er stecken beide Teams allerdings im Mittelmaß fest. Erst Rookie-Sensation Jayden Daniels führte die Commanders 2024 in das erste NFC-Finale seit über 30 Jahren.
Bis zu seinem Tod am 9. August 1969 verabscheute Marshall die Cowboys und pflegte seinen Ruf als überzeugter „Redskin“, passend wurde er auf dem Indian Mound Friedhof in West Virginia begraben.
In jenem Jahr beendete auch der erste schwarze Redskins-Spieler, Bobby Mitchell, seine Karriere und wurde 1983 in die Hall of Fame aufgenommen.
Marshall befindet sich dort schon seit 1963 und bis heute. Die Diskussion, ob er aus der Ruhmeshalle entfernt werden sollte, beendeten die Verantwortlichen 2020 mit dem Hinweis, dass deren Satzung das kategorisch ausschließe.