Die Edmonton Oilers stehen das erste Mal seit 18 Jahren wieder im NHL-Finale, um den berühmten Stanley Cup. Mittendrin ein Deutscher: Leon Draisaitl. Der gebürtige Kölner steht seit 2014 bei den Kanadiern unter Vertrag.
Draisaitl-Abgang? „Gerüchte sind da“
Sollten die Oilers tatsächlich über die Florida Panthers triumphieren und den Stanley Cup gewinnen, bringt sich Draisaitl in einen elitären Kreis. Der 28-Jährige könnte der sechste deutsche Stanley-Cup-Sieger werden - die bisherigen Sieger: Uwe Krupp (1996 und 2002), Dennis Seidenberg (2011), Tom Kühnhackl (2016 und 2017), Philipp Grubauer (2018) sowie Nico Sturm (2022). Mit den Panthers steht ihm und seinem Team ein schwerer Gegner bevor.
Zuversicht gibt aber der bisherige Saisonverlauf: Zu Beginn der Saison konnte Edmonton nur zwei von elf Spielen gewinnen, ein Trainertausch war die Folge. Kris Knoblauch ersetzte Jay Woodcroft bei den Oilers, seitdem geht es bergauf. Die Oilers sind überhaupt erst die dritte Mannschaft der NHL-Geschichte, die in das Finale eingezogen sind, obwohl sie in der Hauptrunde zu einem Zeitpunkt zehn Punkte Rückstand auf einen Playoff-Platz hatte.
Im exklusiven SPORT1-Interview äußert sich Peter Draisaitl, Vater des Eishockey-Stars, zu den Chancen seines Sohnes, den Stanley Cup gewinnen zu können. Er analysiert die Stärken der Panthers und hebt hervor, was sich in diesem Jahr bei den Oilers verändert hat. Außerdem gibt er einen Einblick, wie es um die heiß diskutierte Zukunft von Leon Draisaitl steht.
SPORT1: Herr Draisaitl, Sie befinden sich derzeit in Edmonton. Konnten Sie nach dem Finaleinzug bei Ihrem Sohn und im Team die pure Euphorie wahrnehmen oder ist die Stimmung eher angespannt?
Peter Draisaitl: Die pure Euphorie ist es jetzt nicht, denn es geht ja noch weiter. Da wartet noch ein Haufen Arbeit auf die Jungs. Von daher kann von Euphorie noch keine Rede sein. Sie sind auch alle logischerweise noch ein bisschen müde. Aber ich würde es vielleicht Erleichterung nennen.
Was Gegner Florida mitbringt
SPORT1: Die Edmonton Oilers stehen das erste Mal seit 18 Jahren wieder im NHL-Finale. Wie würden Sie die Chancen gegen die Florida Panthers einschätzen?
Draisaitl: Das ist ganz schwer zu sagen. Florida ist zum zweiten Mal hintereinander im Finale. Das passiert nicht aus purem Zufall und da wartet auf die Jungs noch ein Haufen Arbeit. Sie sind ein sehr gutes, tiefes Team, was sehr aggressiv spielen kann. Es wird nochmal eine harte Runde werden.
SPORT1: Sie haben die Stärken der Panthers angesprochen. Wo sehen Sie denn die Stärken der Oilers und auf welche Schwachstellen müssen sie besonders aufpassen?
Draisaitl: Ich bin nicht ganz detailliert im Thema. Dafür haben sie, glaube ich, genug Trainer, die sie darauf vorbereiten (lacht). Noch einmal: Es ist ein sehr gutes Team, was jetzt nicht aus heiterem Himmel zum zweiten Mal im Finale steht. Die haben da wirklich überragende Spieler, die im Moment sehr gut performen. Sie sind tief, über vier Reihen und drei Verteidiger-Pärchen, mit einem überragenden Bobrowski (Torhüter Sergei Bobrowksi; Anm. d. Red.) hinten drin. Die Panthers sind also ein komplettes Team. Und für die Oilers, wenn sie gegen Florida eine Chance haben wollen, ist es ganz einfach. Dann müssen sie wirklich ihr bestes Eishockey, und zwar über jeden einzelnen Spieler auf dem Eis, bringen.
Stanley Cup? „Das Härteste, was es zu gewinnen gibt“
SPORT1: Edmonton scheiterte in der vergangenen Saison nur knapp am späteren Champion Las Vegas, auch vor zwei Jahren war für Ihren Sohn in den Stanley Cup Semifinals gegen den späteren Sieger Colorado Avalanche Schluss. Dieses Jahr stehen sie im Endspiel um die NHL-Krone. Was ist bei den Oilers gerade der Hauptunterschied im Vergleich zu den letzten Jahren?
Draisaitl: Generell gibt es in so einem Team eine Entwicklung, die stattfindet. Der Stamm dieses Teams ist jetzt seit sehr vielen Jahren zusammen und hat wirklich viel in das Team investiert. Sie waren in den letzten Jahren nicht weit weg, waren immer einigermaßen knapp dran. Sie haben mit Colorado und Las Vegas zweimal in den Playoffs gegen den späteren Stanley-Cup-Sieger verloren. Von der mentalen Seite sind sie vielleicht etwas besser auf die NHL-Playoffs vorbereitet und auf das, was da noch auf sie zukommt.
SPORT1: Man könnte auch sagen, sie sind jetzt einfach mal dran. War es alles Teil der Entwicklung?
Draisaitl: Natürlich. In den NHL-Playoffs so weit zu kommen, ist nicht einfach. Man sagt nicht umsonst - und das ist die reine Wahrheit - diesen Pokal zu gewinnen, ist mit Abstand das Härteste, was es in diesem Business zu gewinnen gibt.
SPORT1: Was würde es für Sie und Ihren Sohn Leon bedeuten, wenn die Oilers tatsächlich gewinnen würden?
Draisaitl: Für Leon persönlich würde es alles bedeuten, wenn man beim Sport bleibt. Für uns, für die Familie, wäre das, gerade weil wir sehen, wie er hier seit gut neun Jahren in Edmonton trainiert, eine immense Genugtuung und Erleichterung. Nun ja, aber so weit sind wir noch lange nicht.
Bleibt Draisaitl in Edmonton? „Das ist alles viel zu weit weg“
SPORT1: Sie haben es angesprochen, ihr Sohn ist jetzt schon eine lange Zeit in Edmonton und der Vertrag endet im nächsten Jahr. Inwieweit glauben Sie, beeinflusst der Weg bisher und der mögliche Titelgewinn die Zukunft Ihres Sohnes? Es gab ja immer wieder Gerüchte über einen Abgang nach Boston.
Draisaitl: Die Gerüchte sind da und werden nach der Saison logischerweise auch zunehmen, das liegt in der Natur der Sache. Aber das ist alles viel zu weit weg. Es gibt einfach niemanden, der sich damit überhaupt beschäftigt, zumindest Leon nicht. Das müssen die Agenten vorbereiten, die ganzen Gespräche und Verhandlungen, die da irgendwann mal stattfinden werden. Ich glaube nicht, dass es einen großen Unterschied ausmachen wird, ob sie den Stanley Cup gewinnen oder nicht.
SPORT1: Im Oktober 2023 hatte Ihr Sohn gesagt, dass er „mit Sicherheit einer der unterbezahltesten Spieler der Liga“ sei...
Draisaitl: Das ist mit Vorsicht zu genießen. Die Liga entwickelt sich und der Salary Cap wird angepasst. Das sind Entwicklungen, die eben stattfinden. Dieses Thema gibt es bei uns in der Familie nicht und beim Leon schon mal gar nicht. Das hat in den nächsten Monaten und Jahren alles noch Zeit.
SPORT1: Wissen Sie, ob sich bereits Edmonton-Ikonen wie Wayne Gretzky beim Team gemeldet und Tipps oder Glückwünsche dagelassen haben?
Draisaitl: Da bin ich mir nicht ganz sicher. Sie sind ja immer irgendwo präsent und irgendwie im Dunstkreis des Teams dabei, erst recht in den Playoffs. Ob sie persönlich irgendwelche SMS oder Nachrichten schicken, weiß ich persönlich nicht. Ich denke, das hat alles Zeit, wenn es vorbei ist.