NHL>

Einen wie ihn gab es nie wieder

Einen wie ihn gab es nie wieder

Turk Broda gehörte einst zu den besten Eishockeyspielern der Welt - und konnte kaum Schlittschuh fahren. Am 17. Oktober 1972 starb er viel zu früh.
Turk Broda (r.) hat in Toronto eine Statue und gehört ebenso wie Johnny Bower zur Legends Row vor der Arena
Turk Broda (r.) hat in Toronto eine Statue und gehört ebenso wie Johnny Bower zur Legends Row vor der Arena
© IMAGO/Imagn Images
Turk Broda gehörte einst zu den besten Eishockeyspielern der Welt - und konnte kaum Schlittschuh fahren. Am 17. Oktober 1972 starb er viel zu früh.

Turk Broda ist ohne Zweifel jedem Besucher eines Heimspiels der Toronto Maple Leafs schon mehrfach begegnet - und das sogar vor der Arena. Denn dort steht seine Statue. Sie gehört zur sogenannten „Legends Row”, die 14 Spieler der Maple Leafs auch weit über deren Ableben hinaus ehrt. Der Ex-Goalie des NHL-Teams ist schon seit dem 17. Oktober 1972 und somit 53 Jahre lang tot.

Vergessen hat diesen ganz besonderen Mann, der aufgrund eines schweren Herzinfarkts mit nur 58 Jahren starb, aber in seiner Franchise niemand. Kein Wunder: Walter Edward Broda spielte in seiner NHL-Karriere nie für ein anderes Team, gewann zwei Mal die Vezina Trophy für die wenigsten Gegentreffer in einer Saison, feierte gleich fünf Erfolge im Stanley Cup und war einer der ersten Sport-Superstars in Kanada.

Zur Ikone wurde er schon bei seiner ersten Meisterschaft 1941. Toronto lag 0:3 zurück, doch dann vernagelte der Torhüter gegen die Detroit Red Wings sein Gehäuse und Toronto gewann vier Partien in Serie.

„Vielleicht war ich einfach zu dumm, um zu erkennen, dass die Situation ernst war“, sagte er einmal auf die Frage nach seinem Erfolgsrezept in entscheidenden Momenten.

Kurios: Broda spielte zwischen 1936 und 1952 ohne Schutzmaske und noch mit extrem schweren Schonern an Armen und Beinen. Dennoch konnte er sich flink bewegen. „Er hatte viele Narben, war aber stolz darauf“, sagte seine Tochter Barbara. „Er hätte alles getan, um den Puck zu stoppen.“

Die „wütende Katze“ wurde zur Ikone

Oft hatten die Stürmer keine Chance gegen diesen 1,75 Meter kleinen, übergewichtigen Mann mit in der Mitte gescheitelten Haaren und stets breitem Lächeln.

„Im Tor“, so beschrieb Eishockeyjournalist Jim Hunt die Legende 1967 in seinem Buch The Men in the Nets, „sieht er aus wie ein harmloser, fröhlicher Speckball, aber der Torwart der Leafs hechtet nach dem Puck wie eine wütende Katze.“

Der Mann zwischen den Pfosten konnte einen unbändigen Willen entwickeln. „Wenn ihm ein leichtes Tor durchrutschte, war Mr. Broda der genervteste Mensch in der Eishalle“, schrieb der Autor Ed Fitkin 1950 in einer Biografie über Broda. „Er war absolut wütend auf sich selbst und kochte innerlich vor Wut. Die Gegner mussten in der Regel darunter leiden. Selbst mit einer Maschinenpistole hätten sie den Puck nicht an Turk vorbeibekommen.“

Dabei konnte der überragende Keeper seiner Zeit gar nicht wirklich gut Schlittschuh fahren und war auch nicht besonders sportlich.

Wenn du hier klickst, siehst du X-Inhalte und willigst ein, dass deine Daten zu den in der Datenschutzerklärung von X dargestellten Zwecken verarbeitet werden. SPORT1 hat keinen Einfluss auf diese Datenverarbeitung. Du hast auch die Möglichkeit alle Social Widgets zu aktivieren. Hinweise zum Widerruf findest du hier.
IMMER AKZEPTIEREN
EINMAL AKZEPTIEREN

Schulleiter brachte Broda Reflexe bei

Schon allein sein Körper war kaum Ausdruck eines Modellathleten. In der Grundschule bekam der spätere Star den Spitznamen „Turkey Egg“, weil sein sommersprossiges Gesicht seine Klassenkameraden an ein Truthahn-Ei erinnerte.

Broda träumte als Kind von einer Laufbahn als Verteidiger in der NHL, schaffte es zunächst aber nicht einmal in die Schulmannschaft. Erst als seinem Schuldirektor auffiel, dass ein Goalie fehlte, erklärte sich Broda freudig bereit. Kurios: Jener Schulleiter brachte dem späteren NHL-Meister auch die Reflexe bei. Im Keller der Schule donnerte der Pädagoge seinem Schüler die Pucks um die Ohren.

Auch deshalb wurde der kleine und korpulente Junge ganz schnell deutlich besser. Die große Karriere musste aber trotzdem erst Schwung aufnehmen. In der Saison 1934/1935 nahmen ihn die Detroit Red Wings im Training auf - weil dieser lustige Schlussmann für so gute Stimmung im Team sorgte.

In der Saison danach kam Broda dann zu den Detroit Olympics - dem Farmteam der Red Wings. Endlich war der Startschuss für eine unvergessliche Karriere gefallen.

Ein Zufall wurde zum Glückstag für Toronto

Conn Smythe machte sich eines Tages auf den Weg, um ein Spiel der Olympics zu sehen. Eigentlich wollte er andere Talente sichten und hatte Broda gar nicht auf dem Zettel. Nach der Schlusssirene sagte der Eigentümer der Toronto Maple Leafs aber nur: „Der dicke Junge gefällt mir besser.“

Wenig später, im Mai 1936 kaufte er Broda für 7.500 Dollar. Mit 22 Jahren kam der Keeper doch noch in der NHL an - und sollte in den folgenden 16 Jahren zum besten Goalie der Liga werden!

Dabei wurde er teilweise sogar noch von den eigenen Fans ausgebuht aufgrund von anfänglichen Patzern bei Weitschüssen. Doch die nahmen ganz schnell ab und wichen riesiger Verehrung.

Denn auch als Mensch stellte sich Broda als wahrer Glücksgriff heraus. Er offenbarte einen ganz besonderen Humor, war immer gut gelaunt, scherzte mit Reportern, Fans und Mitspielern gleichermaßen. Sonderbehandlungen lehnte er kategorisch ab.

Broda spielte für nur 12.000 Dollar

„Es stimmt, dass er in seiner letzten Saison nur 12.000 Dollar verdient hat, aber wir fühlten uns definitiv reich“, sagte seine Tochter Barbara. „Wir waren trotzdem die ersten in unserer Straße, die einen Fernseher hatten, und ich erinnere mich, dass alle zu uns kamen, um ihn zu sehen.“

Auch seine Mitspieler schwärmten in den höchsten Tönen von ihm und hoben vor allem seine menschliche Seite hervor. „Er gab niemals den Stürmern oder Verteidigern die Schuld, wenn er ein Tor kassierte“, erzählte Teamkollege Harry Watson den Autoren Kevin Allen und Bob Duff in ihrem Buch „Without Fear“. „Es war immer seine Schuld.“

Nur bei einer Sache verlor Broda seine gute Laune. Wenn er von seinem sportlichen Umfeld mal wieder aufgefordert wurde abzunehmen. „Er liebte sein Bier und sein Essen. Wenn sie wollten, dass er abnimmt, versuchten sie es auf die humorvolle Tour“, so Tochter Barbara.

Geschadet hat ihm der eher unprofessionelle Lebensstil nie. Der große Fan vom Golf und von Pferderennen beendete seine Karriere mit 302 Siegen. Das war vor ihm noch nie einem Goalie gelungen. Und die waren ganz sicher zu einem großen Teil deutlich austrainierter und konnten besser Schlittschuh fahren.