Bei den nationalen Sommermeisterschaften haben die norwegischen Top-Biathleten überraschend schwach abgeschnitten. In Abwesenheit von Johannes Thingnes Bö, Vetle Sjaastad Christiansen und Endre Strömsheim wurden die verbliebenen Athleten des Elite-Teams von der Nachwuchsriege förmlich deklassiert.
Rätsel um Norwegens Biathlon-Elite
Für Aufsehen sorgte vor allem Rookie Johan-Olav Botn, der mit beeindruckenden Leistungen sowohl im Sprint am Samstag als auch im Massenstart am Sonntag triumphierte. Anschließend zeigte sich der 25-Jährige beinahe enttäuscht über die fehlende Konkurrenz. „Es ist fast ein bisschen langweilig. Wir bereiten uns auf einen Zweikampf vor“, erklärte Botn beim norwegischen Sender TV2.
Der Doppel-Sieger, der bereits sieben Mal im Weltcup startete, nahm mit Blick auf die Top-Stars kein Blatt vor den Mund: „Das ist es, was wir wollen: ein Duell zwischen der Elite und den Rookie-Teams. Aber sie sind nicht einmal nah dran.“
Bö-Fiasko im Sprint: „Müssen das Kind beim Namen nennen“
Tatsächlich blieb den dezimierten Weltcup-Stars an diesem Wochenende nur wenig Grund zur Freude. Tarjei Bö und Sturla Holm Laegreid fuhren lediglich zwei siebte Plätze ein. Im Sprint erlebte Bö ein regelrechtes Debakel, als er als 35. die Ziellinie überquerte.
„Es war ziemlich schlecht. Wir müssen das Kind beim Namen nennen. Die Ergebnisliste lügt nicht“, blickte der Gesamtweltcupzweite der letzten Saison selbstkritisch auf die Rennen. „Vor allem die Nachwuchsläufer haben mir zugesetzt. Ich glaube nicht, dass wir jemals eine so schlechte Sommer-WM hatten wie dieses Wochenende.“
Johannes Dale-Skjevdal, der im vergangenen Winter noch den dritten Platz im Gesamtweltcup belegt hatte, zeigte sich ebenfalls ernüchtert: „Es war ein bisschen überraschend und ein bisschen enttäuschend. Wir müssen es einfach so nehmen, wie es ist.“ Im Sprint landete Dale-Skjevdal nur auf Platz 28, den Massenstart beendete er auf Rang 22.
Biathlon-Legende schlägt Alarm
Die Leistung der norwegischen Elite sorgte bei der Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen für Stirnrunzeln. In seiner Rolle als TV-Experte für TV2 bewertete er die Resultate der Top-Athleten als „bemerkenswert“ und „besorgniserregend“.
Der achtfache Olympiasieger führte aus: „Die anderen haben wahrscheinlich auch im Vorfeld hart trainiert. Das Elite-Team hat vielleicht noch ein wenig Arbeit vor dem Saisonstart vor sich.“
Besonders beunruhigend seien die krankheitsbedingten Ausfälle von Johannes Thingnes Bö und Christiansen. „Sie können keine weiteren gemeinsamen Krankheitsfälle mehr gebrauchen“, warnte Björndalen mit Blick auf die Vorbereitung für den Winter. Indes hatte Strömsheim seine Teilnahme an der Sommermeisterschaft kurzfristig wegen Rückenschmerzen zurückziehen müssen.
Hartes Training der Grund für das Sommer-Debakel?
Auch Teammanager Per Arne Botnan suchte nach einer Erklärung für das schwache Abschneiden der norwegischen Top-Biathleten. „Wenn drei von uns ausfallen, haben wir wahrscheinlich ziemlich hart trainiert. Offensichtlich war die Gesamtbelastung ziemlich hoch“, erklärte er.
Trotz des enttäuschenden Wochenendes ist Tarjei Bö zuversichtlich für die kommenden Aufgaben. „Nein, ich bin nicht besorgt. Ich habe jetzt wahrscheinlich 15 Sommermeisterschaften hinter mir“, sagte der 36-Jährige gelassen. „Es ist wichtig, sich nicht beirren zu lassen, auch wenn man einen Schlag ins Gesicht bekommt, und an dem festzuhalten, von dem man weiß, dass es funktioniert.“
Auch Dale-Skjevdal will nicht in Panik verfallen: „Ich schaffe es nicht, mir Sorgen zu machen oder mich zu stressen. Mein Körper ist da, wo er sein sollte.“
Bis zum Start der neuen Saison im Biathlon-Weltcup bleiben den schwächelnden Norwegern noch etwas mehr als zwei Monate zur Vorbereitung. Am 30. November 2024 steigen in Kontiolathi die ersten beiden Rennen.