Emma Aicher ist die größte deutsche Ski-Hoffnung und mit ihren 21-Jahren schon jetzt eine der größten Kandidatinnen für eine deutsche Olympia-Medaille bei den Spielen im kommenden Jahr in Mailand und Cortina d’Ampezzo.
Das gab es seit Höfl-Riesch nicht mehr
Im vergangenen Weltcupwinter war die gebürtige Schwedin die positive Überraschung im deutschen Team und konnte sich zum Ende der Saison mit zwei Siegen belohnen: In Kvitfjell siegte sie in der Abfahrt und in La Thuile im Super-G.
„Ich weiß nicht, ob ich es schon so richtig realisiert habe. Ich weiß natürlich, was ich geleistet habe, und bin auch sehr stolz darauf“, bilanzierte Aicher im Gespräch mit SPORT1 im Rahmen eines Vorbereitungstermin für den Wings for Life World Run am 4. Mai.
Aicher fährt zwei Siege für DSV ein
Ob sie aufgrund ihrer zwei Siege und dem zusätzlichen weiteren Podiumsplatz schon voll in der absoluten Weltspitze angekommen sei, wolle sie aber nicht bewerten: „So habe ich das nicht direkt gesehen. Ich freue mich, dass mein Ski-Fahren auf dem Niveau sein kann. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, konstant so weiterzumachen.“
Zumindest in der absoluten Spitze des DSV-Teams ist Aicher durch ihre Erfolge aber definitiv schon angekommen. Sie war im vergangenen Winter die einzige Athletin, die überhaupt ein Rennen gewinnen konnte. Zudem holte sie die Hälfte der Podiumsplätze des Teams. Lena Dürr fuhr ebenfalls dreimal aufs Podest.
Wechsel aus Schweden nach Deutschland? „War schon herausfordernd“
Durch ihre guten Ergebnisse ist die 21-Jährige jetzt auch endgültig im DSV-Team angekommen. Denn geboren wurde die Tochter einer schwedischen Mutter und eines deutschen Vaters in Schweden. Auch die ersten Schritte im Ski-Sport absolvierte sie für ihr Geburtsland.
2020 wechselte sich dann, nachdem sie auch schon Weltcup-Rennen für Schweden absolviert hatte, zum DSV. Ihren „Fahnenwechsel“ begründete sie damals damit, dass „nicht wirklich Platz im schwedischen Ski-Team“ gewesen sei und es in den Alpen zudem bessere Trainingsmöglichkeiten gebe.
Die Zeit nach dem Wechsel sei für sie alles andere als leicht gewesen, erzählte sie jetzt im Gespräch mit SPORT1: „Es war schon herausfordernd, auch wegen der Sprache. Ich konnte natürlich davor schon ein bisschen Deutsch, aber es etwas anderes, wenn man dann in dem Land wohnt und immer Deutsch spricht.“
Glücklicherweise sei sie sowohl von den Trainern als auch vom deutschen Team gut aufgenommen worden. Die größte Herausforderung hätte deshalb gerade außerhalb der Strecke gelegen. „Richtig schwer war tatsächlich nur die Schule“, sagte Aicher lachend.
Ski Alpin: Aicher besticht mit selten gewordener Vielseitigkeit
Doch auch diese Herausforderung meisterte sie mit dem Abschluss der mittleren Reife und konnte sich spätestens danach voll auf ihre Ski-Karriere fokussieren.
Und da zeichnet die 21-Jährige ein besonders Talent aus, denn sie kann in allen vier Disziplinen schon jetzt in der Weltspitze mithalten. Eine Qualität, die in den letzten Jahren im Ski-Zirkus seltener geworden ist.
Im vergangenen Winter landete sie im sowohl in der Abfahrt (9.), im Super-G (15.) und im Slalom (17.) unter den Top-20 im Disziplinen-Weltcup. Den Gesamtweltcup schloss sie als 15. Ab. Gerade wegen ihrer Vielseitigkeit trauen viele ihr in Zukunft den Sieg im Gesamtweltcup zu.
„Es ist auf jeden Fall ein Ziel, gerade weil ich ja auch alle vier Disziplinen fahre“, äußert sich auch Aicher selbst mit Blick auf einen zukünftigen Angriff im Gesamtweltcup selbstbewusst.
Höfl-Riesch voll des Lobes für Aicher
Wegen ihrer Vielseitigkeit wird Aicher schon jetzt oft mit Maria Höfl-Riesch verglichen - auch von der letzten deutschen Gesamtweltcupsiegerin (2011) selbst.
„In vielen Dingen erinnert sie mich an mich selber. Ich war vielleicht noch ein, zwei Jahre früher dran mit den ersten Siegen, aber im Prinzip ist der Werdegang schon ähnlich. Auch diese jugendliche Unbeschwertheit und Lockerheit!“, lobte Höfl-Riesch im Interview mit der Abendzeitung.
Man hätte Aicher in der gesamten Saison angesehen, dass sie das Potenzial hat, in verschiedenen Disziplinen um den Sieg mitzufahren. „Wenn sie gesund bleibt, hat sie sicher noch Großes vor“, ist sich Höfl-Riesch sicher: „Die macht ihren Weg schon.“
Und Aicher selbst? Die fühlt sich vom Lob der einstigen Weltklasse-Athletin natürlich geschmeichelt, wie sie SPORT1 verriet: „Wenn jemand, wie Maria das sagt, nehme ich das natürlich als großes Kompliment.“
Die deutschen Ski-Fans hoffen jetzt natürlich, dass Aicher auch nur annähernd an die großen Leistungen von Höfl-Riesch anknüpfen kann, die bei Olympia gleich vier Medaillen (dreimal Gold, einmal Silber) gewinnen konnte. Immerhin die Silber-Medaille hat auch Aicher schon. Bei den Spielen in Peking holte sie 2022 Platz 2 im Teamwettbewerb.