Zwei künftige Hall-of-Fame-Mitglieder flogen von einem Tag auf den anderen aus der Liga – wenige Wochen, nachdem sie bei einer der größten Shows der Geschichte tragende Rollen gespielt hatten.
Als WWE zwei Legenden feuerte
Es war eines der spektakulärsten Personal-Beben der WWE-Historie, das sich im Herbst 1992 bei der Wrestling-Liga abspielte, mitten im ersten großen Popularitätsboom der damaligen WWF in Europa und speziell auch Deutschland. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE)
Trotzdem bekamen damals nur wenige mit, warum sowohl der Ultimate Warrior als auch der „British Bulldog“ Davey Boy Smith heute vor 32 Jahren ihre vorerst jeweils letzten großen Matches für WWE bestritten und bald darauf plötzlich aus den TV-Shows verschwanden.
WWE feuerte Ultimate Warrior und British Bulldog
Sowohl der Warrior (Geburtsname: Jim Hellwig) als auch Smith gehörten damals zu den größten Stars der Liga: Der Warrior, einst auserkoren als Erbe Hulk Hogans hatte im Frühjahr 1992 ein großes Comeback nach seinem ersten Bruch mit WWF-Boss Vince McMahon gefeiert. Der Bulldog war eine Galionsfigur bei der Expansion nach Europa, die McMahon seinerzeit vorantrieb - auch wegen einer Zuschauerkrise auf dem amerikanischen Heimatmarkt.
Ende August 1992 stellte McMahon seine bis dahin größte Show auf europäischem Boden auf die Beine: den SummerSlam 1992 im Londoner Wembley-Stadion. Der Warrior forderte dort WWF-Champion „Macho Man“ Randy Savage heraus. Der Bulldog gewann in einem herausragenden und bis heute legendären Hauptkampf den Intercontinental Title von seinem Schwager Bret „The Hitman“ Hart - trotz eines Drogen-Absturzes in der Nacht davor, wie sich später herausstellte.
Auch am 27. Oktober 1992 waren Warrior und Bulldog bei einem großen Event im Einsatz: Bei der TV-Show Saturday Night‘s Main Event kämpfte der Warrior gemeinsam mit Savage um die Tag-Team-Titel von Money Inc. Smith verlor seinen Intercontinental Title an das junge, aufstrebende Talent „Heartbreak Kid“ Shawn Michaels.
Recht bald darauf fragten sich zahlreiche Fans: Wo stecken der Bulldog und der Warrior?
McMahon feuerte beide
McMahon hatte beide wenige Wochen nach dem Event gefeuert, wie sich zeigte - aus Gründen, die eigentlich folgerichtig waren und doch ein bemerkenswerter Vorgang, von dem Smiths Schwager Hart später in seiner Autobiografie berichtete.
„Am 18. November hat Vince mich angerufen, dass er gerade den Warrior entlassen hat und dass Davey leider der nächste sein würde“, schrieb Hart. Die beiden hätten „Pakete mit Wachstumshormonen von einem Dealer aus Großbritannien erhalten, der gerade verhaftet worden ist. Und Vince stand so unter Druck, dass er beide sofort rauswarf.“
Was genau damals hinter den Kulissen ablief, kommunizierte die WWF seinerzeit nicht nach außen und sickerte erst nach und nach durch. Widersprüchliche Medienberichte und Aussagen der Beteiligten sorgten auch noch Jahre danach für Verwirrung.
Der Warrior - wenngleich er nicht bestritt, als Aktiver massiv Steroide benutzt zu haben - behauptete in einem Interview, nie den Grund für seinen Rauswurf erfahren zu haben. Smith dagegen bestätigte, dass die Dopingmittel-Lieferung der Grund war. Nach seiner Darstellung habe er für den Warrior aber nur den Kontakt hergestellt und dafür die Konsequenzen tragen müssen.
WWE-Legenden in Skandal verstrickt
Gewiss ist: McMahon griff in für ihn ungewohnter Schärfe durch, weil die Affäre für ihn zu einem prekären Zeitpunkt kam: Die WWF stand damals im Zentrum eines Steroidskandals - und McMahon wurde angeklagt, systematisches Doping mit Muskelwachstumsmittel in seinem Unternehmen aktiv befördert zu haben.
Vor diesem Hintergrund konnte McMahon damals keine weiteren Negativschlagzeilen brauchen und bestrafte seine beiden Stars mit seltener Härte. Er nahm auch in Kauf, dass ein schon angesetztes Topmatch für den Großevent Survivor Series kurzfristig mit heißer Nadel umgeschrieben wurde - anstelle des Warrior tat sich damals nach einem berühmten Plot-Twist „Mr. Perfect“ Curt Hennig mit Savage gegen Ric Flair und Razor Ramon zusammen. (Das tragische Ende von „Mr. Perfect“ Curt Hennig)
Der Warrior und der Bulldog waren bei weitem nicht die einzigen WWE-Legenden, die sich in einen Steroid- bzw. HGH-Skandal verstrickten. In den meisten anderen Fällen ist die interne Konsequenz höchstens eine kurzzeitige Suspendierung, oft auch gar keine, weil (oft zweifelhafte) ärztliche Verschreibungen vorgebracht werden.
Unter dem Druck der staatlichen Ermittlungen passierten damals aber lange undenkbare Dinge im McMahon-Reich: Dopingtests wurden eingeführt, Topstars wie Hulk Hogan verloren auffällig an Muskelmasse, andere Muskelberge wie der Warlord oder der Barbarian verschwanden ganz von der Bildfläche. Körperlich weniger imposante Wrestler wie Hart und Michaels kletterten die Karriereleiter nach oben.
Prozess endete mit Freispruch
Der formaljuristisch wacklige Prozess gegen McMahon endete letztlich mit einem Freispruch. Der durch ihn angestoßene Kulturwandel wurde - Zufall oder nicht - nicht konsequent durchgehalten: WWE schaffte die Steroidtests 1996 wieder ab, im selben Jahr wurde der Warrior wiedereingestellt, Smith schon zwei Jahre zuvor. Erst die Tragödie um Eddie Guerrero 2005 (und wiederum staatlicher Druck) führte zur dauerhaften Rückkehr einer Anti-Doping-Politik.
Dass es dafür gute Gründe gab und gibt, zeigen nicht zuletzt die Schicksale von Smith und dem Warrior: Smith starb 2002 mit 39 Jahren an einem Herzinfarkt, die Muskelaufbaumittel werden - wie auch längere Probleme mit Schmerzmittelsucht - für einen Faktor gehalten.